in Agilität, Projektmanagement - Praxis, Psychologie des Projektmanagements

Netzmanagement – ein Plädoyer gegen „Mehr desselben“ als Lösungsstrategie im Projektmanagement

In einem Sonderheft zum Thema Projektmanagement des Harvard Business Manager (Edition 3/2011) propagieren Autoren der Firma Metaplan (Kai Matthiesen, Thomas Schnelle) sowie ein Professor der Universität Bielefeld (Stefan Kühl) eine Alternative zum klassischen Projektmanagement, die sie als „Netzmanagement“ bezeichnen.

Einen Artikel aus dem Jahr 2005, der weitgehend die gleichen Inhalte abdeckt, dort allerdings nicht auf Projekte bezogen, ist mittlerweile nicht mehr online verfügbar (Aktualisierung Jänner 2022), daher hier einige Zitate:

In der Einleitung schreiben die Autoren:

„Scheitern Projekte, beschwören Manager, Berater und Wissenschaftler immer wieder die gleichen, weithin anerkannten Prinzipien des Projektmanagements:

Die Verantwortlichen hätten die Ziele klarer definieren, die Probleme sorgfältiger analysieren, die nötigen Maßnahmen genauer planen, die Mitarbeiter besser einbinden und alles noch sorgfältiger überwachen müssen.

Aber vielleicht stimmt ja gerade mit diesen Grundprinzipien des Projektmanagements etwas nicht. Vielleicht verschärfen Führungskräfte durch ein Mehr an klassischem Projektmanagement die Probleme noch. Wir brechen mit dieser Ideologie des Projektmanagements und stellen unter dem Begriff des Netzmanagements eine neuartige Konzeption vor, die sich an fünf Regeln orientiert:

  1. Die Verantwortlichen verzichten auf eine genaue Definition von Zielen und legen nur einen breiten Zielkorridor fest.
  2. Das Projektteam beginnt mit der Arbeit, bevor alle Aspekte des Vorhabens zu Ende gedacht sind. Die Phasen Problemanalyse, Maßnahmenerarbeitung und Umsetzung sind nicht voneinander getrennt.
  3. Es wird auf Projekt- und Lenkungsausschuss verzichtet und stattdessen mit wechselnden Gruppen gearbeitet.
  4. Die zuständigen Führungskräfte verkürzen nicht die in Projekten üblichen Machtspiele, sondern verlängern diese sogar.
  5. Die Verantwortlichen arbeiten mit Erfolgssurrogaten, weil sich bei komplexen Projekten ein objektiver Erfolg meist nicht nachweisen lässt.“

Man erkennt deutlich die Denkschule des agilen Vorgehens sowie die von Watzlawick eindringlich vorgebrachte Kritik der Lösungsstrategie „Mehr desselben“.

Wie immer ist das alles eine Frage der konkreten Situation und der Dosis. Es gibt Projekte, in denen klare Zielbestimmungen a priori möglich sind, dann wäre es fahrlässig, darauf zu verzichten. Auch hängt es von der Kultur eines Unternehmens ab, ob man auf einen Lenkungsausschuss verzichten kann, die Arbeit mit wechselnden Gruppen je nach Problemstellung ist meiner Meinung nach immer möglich. Das „Verlängern von Machtspielen“ ist eine etwas skurille Ausdrucksweise, gemeint ist aber schlichtweg das bewusste Umgehen mit Problemen, die man nicht ohnehin nicht unterdrücken kann. Auch „Erfolgssurrogate“ klingen nicht gerade vertrauenserweckend, wenn man stattdessen Zwischenziele, Sekundäreffekte und Erfolge welcher Art auch immer, die man auch feiern und anerkennen möge, dafür einsetzt, verliert diese Empfehlung ihren irritierenden Charakter.

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